Volksstimme vom 14.11.2023
Stendaler Eisenbahnfreund Wolfgang List: Andenken wird in Wittenberge geehrt
Museum Historischer Lokschuppen
von Andreas König
Wolfgang List aus Stendal hatte die größte Sammlung von Läutewerken und anderen Eisenbahn-Exponaten. Im Lokschuppen Wittenberge findet der Schatz ein neues Zuhause.
Stendal/Wittenberge
Wer tief in die Eisenbahngeschichte Stendals und der Altmark eintauchen will, muss den Kreis Stendal verlassen. In Wittenberge in Brandenburg wird man fündig. Dort, beim Verein Historischer Lokschuppen, ist mancher Schatz zu entdecken. Vieles davon kommt aus Stendal.
So zum Beispiel eine große Sammlung von Läutewerken. Mit diesen Signaleinrichtungen verständigte man sich früher zwischen Bahnhöfen, Stellwerken oder Haltepunkten. Die Sammlung gehörte Wolfgang List. Der Volksstimme-Journalist aus Stendal war Eisenbahnliebhaber aus Leidenschaft. Er verstarb am 20. Dezember 2022.
„Die Familie setzte sich mit uns in Verbindung“, erzählt Bernd Klopsteg. Der Berliner ist Mitglied im Verein Dampflokfreunde Salzwedel. Der wiederum betreibt in Wittenberge das Museum Historischer Lokschuppen. Es ist das größte Eisenbahnmuseum in Brandenburg und pflegt eine Eisenbahntradition, die bis ins Jahr 1884 zurückreicht.
Zwölf Aktionstage, um die Sammlung von Stendal nach Wittenberge zu holen
„Im Frühjahr nahm Familie List Kontakt mit uns auf“, erinnert sich Bernd Klopsteg. Er ist gelernter Lokschlosser und hat nach einem erfüllten Arbeitsleben seinen Beruf zum Hobby gemacht. „Als wir bei der Familie in Stendal waren und gefragt wurden, ob wir die Sammlung nehmen können, habe ich mir gedacht: ‚Nein sagen können wir nicht, das wäre eine vertane Chance‘“, erinnert sich Bernd Klopsteg.
Schnell war klar, dass dem Verein mit der Listschen Sammlung nicht nur ein Schatz, sondern auch eine Aufgabe gewaltigen Ausmaßes zugefallen ist. An zwölf Aktionstagen holten die Dampflokfreunde die Sammlung in Teilen nach Wittenberge. Dort stehen sie dem Verein als Dauerleihgabe der Familie List zur Verfügung.
„Wir haben eine Projektgruppe gebildet, die sich ausschließlich mit der Sammlung von Wolfgang List befasst, speziell mit den Läutewerken“, sagt Bernd Klopsteg. Vor allem Letzteren will er einen würdigen Platz auf dem riesigen Gelände des historischen Lokschuppens in Wittenberge geben.
Ein Läutewerkgarten an den Schienen
Er nennt es den „Läutewerkgarten“. Sechs Standläutewerke stehen auf einem großen Stück Rasen. Der Weg dorthin führt über Schienen. „Ich möchte aber nicht nur die Technik zeigen, sondern auch Informationen dazu geben“, erklärt Bernd Klopsteg.
In Funktion hat er solche Läutewerke nie erlebt. Sie wurden bis in die 1970er Jahre genutzt. Historische Fakten, technische Daten, all das bündeln die Mitglieder der Arbeitsgruppe auf Informationstafel, die im Läutewerkgarten aufgestellt werden sollen.
Doch das ist nur ein Bruchteil dessen, was Eisenbahnfanatiker Wolfgang List an Erinnerungsstücken, Dokumenten und häufig voll funktionsfähiger Technik zusammengetragen hat.
120 Aktenordner mit Dokumenten, Zeichnungen und Bauplänen
„Wir haben aus der Sammlung allein 120 Aktenordner mit Schriftverkehr, technischen Zeichnungen, Bauplänen und vielem mehr aus Stendal nach Wittenberge geholt“ , berichtet Bernd Klopsteg.
Dazu gehören Bahnhofsschilder von Stationen, die heute kaum noch jemand kennt. Vor allem Stendal und Salzwedel sind sehr oft in Form von Schrifttafeln, Fahrplänen und Ausstattungsstücken vertreten. Im Lokschuppen Nummer 2 beispielsweise sind die Wände mit historischen Emailleschildern verziert. Für die kleineren Exponate, zu denen auch einige Wandläutewerke gehören, will die Arbeitsgruppe in der oberen Etage des Ringlokschuppens einen Ausstellungsraum mit Archiv einrichten.
Zwei, die sich gut verstanden hätten
Wann das alles fertig sein wird, lässt sich noch nicht sagen. „Meine Kollegen und ich machen es, wie wir solche Dinge immer angehen“, sagt Bernd Klopsteg, „nach und nach, bis es fertig ist.“ Die anderen 80 Vereinsmitglieder sehen den Einsatz mit Wohlgefallen. Die Beschäftigung mit den Läutewerken hat Bernd Klopsteg allerdings einen neuen Spitznamen eingebracht. Sie nennen ihn „Glocke“. Er hat Wolfgang List leider nie persönlich kennengelernt, „nur seine Bücher, für die ich heute noch dankbar bin“. Die beiden hätten sich wohl gut verstanden.
Bernd Klopsteg (links) und Peter Rohde vom Verein Dampflokfreunde Salzwedel im Museum Historischer Lokschuppen in Wittenberge an einem Schild des alten Bahnhofs Stendal Süd. Foto: Andreas König |
Wolfgang List verstarb am 20. Dezember 2022.
Archivfoto: Antonius Wollmann |
zur Übersicht