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Der Prignitzer vom 12.09.2010

Entdeckungen im alten Bahnwerk

von Hanno Taufenbach
Prignitz/Wittenberge Weit mehr als 300 historische Stätten - darunter alte Burgen, Klöster und Armee- Bunker aus dem Kalten Krieg, standen am gestrigen Tag des Denkmals Besuchern in Brandenburg offen. Auch in der Prignitz öffneten alte Gemäuer ihre Tore. Erstmals seit der Stilllegung 1994 konnte in Wittenberge das Bahnwerk wieder besichtigt werden. Architekt Stefan Kunzemann und der Verein Historischer Lokschuppen führten knapp 40 Interessierte.

Dass ausgerechnet der Schuppen 3 aus dem Jahr 1846 mit seiner grauen Putzfassade das älteste Gebäude auf dem Areal ist, erschließt sich dem Laien nicht auf Anhieb. Kunzemann spricht von einer "imposanten Eisen-Architektur", die die eigentliche Werkhalle bildet. Massive klassizistische Schiffe an deren Seite seien prägnant für diese Epoche.

Die stilistischen Stuck- und Putzelemente seien passend zur Bahnhofshalle, die damals große Bedeutung hatte, denn die Züge von Hamburg nach Berlin fuhren nicht an einem Tag durch: Die Halle diente Reisenden zugleich als Hotel. Noch heute erinnere die Struktur und Aufteilung des Gebäudes daran.

Alle nach dem Schuppen 3 errichteten Gebäude unterscheiden sich in ihrer Ziegelbauweise deutlich von der klassizistischen Epoche. Kunzemann zeigt auf den Ring-Lokschuppen.

"Sparsam, ökonomisch, funktionell" könnte diese Epoche umschrieben werden. Angelehnt sei sie an die englischen Ziegelbauten. Der berühmte Architekt Karl Friedrich Schinkel habe in England die Docklands und die großen Lagergebäude studiert und diese als "zu kalt empfunden" und plädierte dafür, künstlerische Dimensionen hinzuzufügen.

Das sei der Grund, warum die Ziegelbauten kleine Kunstwerke seien. "Sie haben wunderschöne Proportionen, besitzen Schmuckelemente und verzichten dennoch auf Stuck oder glasierte Fliesen", erklärt Stefan Kunzemann. Ein besonders gutes Beispiel sei der große Wasserturm auf dem Bahnwerksgelände. Sehr gut lasse sich das auch an Originalzeichnungen erkennen, die es im Archiv gibt.

Als Rarität wenn nicht gar Unikat sei der kleine Wasserturm anzusehen. Samt Wasserbehälter ist er vollständig erhalten. Damals in Preußen unzählige Male nach dem gleichen Modell gebaut, seien inzwischen alle anderen zerstört, weiß Dennis Kathke vom Verein Historischer Lokschuppen.

Doch nicht nur architektonische Details erfuhren die Besucher gestern. Kathke erklärte die Aufgaben des Bahnbetriebswerkes. Es war sozusagen der "Funktionsorganismus des Bahnhofes". Hier wurden die Loks gewartet, mit Wasser und Kohlen befüllt. Wohnungen für die Arbeiter waren teilweise in die Werkhallen integriert. Im Ring-Lokschuppen hat es einst sogar eine Schmiede gegeben.


Die Ziegelbauweise war sparsam, ökonomisch und funktionell. - Stefan Kunzemann, Architekt

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