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Der Prignitzer vom 06.05.2013

Das große Dampfen hat begonnen

von Hanno Taufenbach
Wittenberge Den letzten Löffel seines Eintopfs schlingt Martin Beelte hinunter. Mittagspause ist vorbei. Schnaubend steht vor ihm die Dampflok der Baureihe 50. Heizer Gernot Gattermann hat noch einmal nachgelegt. Routiniert steigt Beelte die Stufen empor, schwingt sich in den Führerstand.

Heiß ist es hier drinnen. Selbst bei geschlossener Tür ist die Glut im Schlund der Lok zu spüren. Beide Männer greifen gleichzeitig zur Wasserflasche, gönnen sich einen kräftigen Schluck. Gäste dürfen den Führerstand betreten. Es ist eng, und wer mit seinen Klamotten irgendwo anstößt, braucht abends eine Waschmaschine. Aber das stört hier niemanden. Heute sind Eisenbahnfans unterwegs.

Lokführer und Heizer blicken aus ihren Fenstern auf die Strecke hinaus. Das markante Pfeifen der Dampflok ertönt. Sie schnauft, sie zittert, aber sie nimmt Fahrt auf. Rund 200 Meter sind es nur, aber sie vermitteln einen Eindruck, wie es einst auf diesen Loks gewesen sein muss. Ab 1938 wurde die Baureihe in Deutschland gebaut, rund 3000 Exemplare sollen es gewesen sein, sagt Martin Beelte. 208 Loks dieses Typs wurden in Stendal wieder aufgebaut, zehn seien europaweit zugelassen, eine davon hier in Wittenberge.

1600 PS ist sie stark, kann bis zu 80 km/h schnell sein. Rund zehn Tonnen Kohle pro Schicht musste ein Heizer schippen. In etwa so viel werden es auch am Ende dieses Wochenendes sein, wenn das erste Dampflokfest im ehemaligen Bahnbetriebswerk (Bw) Wittenberge Geschichte ist.

"Ich bin begeistert. Hier spürt man das Rumpeln, die Schwerkraft, das Wummern der Lok", sagt Klaus Müller nach seiner Fahrt. Extra aus Wolfsburg ist er heute hierhergekommen. "Ich kannte bisher den alten Standort des Vereins in Salzwedel und muss sagen: Respekt, was hier geschaffen wurde", so der Eisenbahnfreund. Die Eröffnung im Herbst habe er verpasst, aber dieser und die nächsten Termine stehen in seinem Kalender. Er sei nicht das letzte Mal in Wittenberge.

Viele der Besucher aus Berlin, Sachsen, Schleswig-Holstein und anderen Regionen kommen an diesem Wochenende aus Neugier. Sie wollen wissen, wie sich der Verein Dampflokfreunde in Wittenberge eingerichtet hat, wie hier das Gelände ist. Egal mit wem man darüber spricht, stets sind Lob und Anerkennung die häufigsten Antworten. "Hier haben sie es einfach schön gemacht", sagt Volker Ulrich beim Blick übers Gelände. Er ist mit seinem Enkel Julian aus Uelzen gekommen, war früher nach Salzwedel gefahren.

Auch Stephan Haustein zögert nicht mit seiner Antwort: "Das Gelände ist schöner als in Salzwedel, der Lokschuppen sehr aufwändig restauriert. "Zwei Kameras hängen an seinem Hals. Haustein ist auf Fotojagd, möchte die Loks möglichst originalgetreu festhalten. Gelegenheit dazu findet er heute, erst recht am späten Nachmittag, wenn der Verein die Fotofreunde zu einem Dampflok-Shooting einlädt.

Den Veranstalter für ein Statement zu erwischen, ist gar nicht einfach. Alle sind im Einsatz. Auf der Drehscheibe schiebt die Rangierlok eine Diesellok hinauf. Zentimeterarbeit ist das. Neben der großen Dampflok schnauft wie schon im Herbst die kleine EMMA (Baujahr 1925) auf einem anderen Gleis. Hier fährt der Vereinschef Burkhard Bohn persönlich.

"Wir sind hochzufrieden, mit dem Wetter, den Besuchern und dass alles funktioniert", sagt er. Sie hätten sich in Wittenberge wunderbar eingelebt. "Es war genau das Richtige, hierherzukommen."

Längst sei noch nicht alles so, wie es mal sein soll. Dafür habe die Zeit einfach nicht ausgereicht. Das nächste Projekt wird der Wasserturm sein. "Hinterm Ausbesserungswerk wird schon ein See angestaut, aus dem wir künftig unser Wasser beziehen werden", sagt Bohn. Im Wasserturm müssten die Behälter gereinigt, die Leitungen geprüft werden. Der Verein hofft, dass es keine größeren Schäden gibt und der Turm bald einsetzbar sein wird.

Bleibt die Frage an den Vereinschef, wann es die ersten Sonderfahrten geben wird. Burkhard Bohn überrascht die Frage nicht, er hat damit gerechnet. "Nicht mehr in diesem Jahr. Wir schaffen es einfach nicht, eine Sonderfahrt erfordert viel Zeit in der Vorbereitung."

Der zweite Vorsitzende Dirk Endisch kann dem nur zustimmen. Allein dieses Fest haben seit Donnerstag Mitglieder vorbereitet. Die Dampflok wurde schon am Freitag angeheizt, beide Nächte unter Dampf gehalten. Das bedeutet Schichtdienst. Die Dampfrösser wurden geputzt und vervollständigt, beispielsweise mussten Lokschilder noch befestigt werden. "Es sind tausend Dinge, die es noch zu tun gibt, aber wir kommen voran", sagt Endisch.


Was einfach aussieht, ist in Wirklichkeit Zentimeterarbeit. Die kleine Rangierlok schiebt die Diesellok auf das Drehgestell. Beide Fahrzeuge müssen exakt darauf stehen.


Martin Beelte fährt die große Dampflok.


Heizer Gernot Gattermann schippt in der großen Dampflok vor der nächsten Fahrt Kohlen nach.


Ein echtes Erlebnis: Dominik aus Breese in der Dampflok.


Dirk Endisch befestigt ein Lokschild.

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