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Der Prignitzer vom 27.10.2012

Im alten BW dampfen wieder die Loks

von Barbara Haak
Wittenberge Ein Tor im Ringlokschuppen schwingt auf. "Emma" schiebt sich heraus. Im Führerstand der 87-jährigen Dampflok steht Ulrich Winterberg. Er fährt die Rangierlokomotive langsam auf die Drehscheibe. Es ist die größte ihrer Art, die noch in Deutschland in Funktion ist. Ungezählte Augenpaare verfolgen gestern Vormittag diesen historischen Augenblick. Denn mit dieser kleinen Ausfahrt von "Emma" eröffnen die Enthusiasten vom Salzwedeler Dampflokverein und vom hiesigen Verein Historischer Lokschuppen das Wittenberger Eisenbahnmuseum, dessen Herzstück der umfassend sanierte Ringlokschuppen mit der davor befindlichen und nach aufwändiger Rekonstruktion wieder einwandfrei funktionierenden Drehbühne für Lokomotiven ist. Die beiden Vereine werden gemeinsam und ehrenamtlich das betreiben, das sich auf einem Teil des ehemaligen Bahnbetriebswerks (Bw) Wittenberge befindet. Ein anderer Teil des Bw wird nach jahrelangem Leerstand von einer privaten Eisenbahngesellschaft genutzt.

Wie es sich für eine ordentliche Museumseinweihung gehört, gibt es natürlich auch eine Reihe von Reden und prominente Gäste. So hat sich Brandenburgs Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger auf den Weg an die Elbe gemacht. Das Land hat das insgesamt 2,9 Millionen teure Projekt mit rund zwei Millionen Euro EU-Mitteln und 400 000 Euro Landesmitteln aus der Städtebauförderung unterstützt. Vogelsänger ist davon überzeugt, dass "das Museum die Stadt beleben wird". Außerdem sei ein städtebaulicher Missstand beseitigt, denn das "denkmalgeschützte Ensemble der verschiedenen historischen Bahngebäude bleibt erhalten". Und Minister Vogelsänger geht noch einen Schritt weiter, sagt, er wolle nicht nur zum neuen Museum, sondern Wittenberge auch zu seinem Bürgermeister gratulieren, "der gemeinsam mit den Stadtverordneten so mutig gewesen ist", dieses Projekt überhaupt anzugehen.

Auch der Salzwedler Vereinschef Burkhard Bohn und sein Stellvertreter Dirk Endisch erinnerten sich gestern daran, dass "wir anfangs gar nicht glauben konnten, was hier entstehen soll und wird". Und noch gestern sagten Vereinsmitglieder wie David und Viola Moore: "Was die Stadtverwaltung hier losgetreten hat, ist unglaublich." Natürlich hätten sie sich das in ihrer alten Heimat Salzwedel gewünscht, aber dort war es augenscheinlich nicht möglich. Der Salzwedeler Verein war auf der Suche nach einem neuen Domizil, die Wittenberger suchten nach einem Nutzer für die Denkmalgebäude. "Es fügte sich alles sehr glücklich", sagt Bürgermeister Dr. Oliver Hermann.

Und für Ulrich Winterberg im Lokführerstand ist die gestrige Fahrt eine Art Heimkehr. Der Mann, der heute in Plau am See lebt, erzählt: "Ich habe von 1955 bis 1958 im Raw Dampflokschlosser gelernt. 1961 legte ich dann die Prüfung als Lokführer ab." Noch heute hat der 72-Jährige die Erlaubnis, auf allen bundesdeutschen Bahnstrecken mit Dampfrössern unterwegs zu sein. Eine Heimkehr erlebt aber nicht nur Ulrich Winterberg persönlich. Auch drei große Dampfloks, die ehemals zum Bw Wittenberge - übrigens eines der zehn größten deutschlandweit mit 1500 Beschäftigten - stehen jetzt wieder im hiesigen Lokschuppen.


Ein besonderer Moment: Minister Vogelsänger, Dirk Endisch und Bürgermeister Dr. Hermann (v. l.) mit dem neuen Heimatschild für die einstmals in Wittenberge "stationierte" Dampflok.


Klaus Ludwig, Vorsitzender des Wittenberger Vereins, gibt das Signal und "Emma" rollt auf die Drehscheibe vor dem Ringlokschuppen.

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